3 Gründe besser heute als morgen mit dem Aufbau eines agilen Portfoliomanagements zu starten

21.01.2022 | Rico

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Disclaimer: Der Blog Post bezieht sich oft auf das SAFe Framework und dessen Einführung. Die Erfahrungen und daraus folgenden Empfehlungen haben aber eine generelle Gültigkeit.

Erfahrungen bei Kunden

In den letzten Jahren habe ich diverse Unternehmen bei der Einführung des SAFe Frameworks begleitet. Im Fokus stand dabei immer das möglichst rasche Starten eines ersten Agile Release Trains (ARTs). Dies ist auch das Vorgehen, welches die Implementation Roadmap von SAFe vorsieht - So weit, so gut. Erste Erfolge konnten rasch gefeiert werden und man beschäftigte sich dabei, diesen ersten ART mit Fokus auf die PI Plannings besser und besser zu machen. Ganz im Sinne von Inspect & Adapt. Immer öfter zeichneten sich aber Probleme ab, die dem fehlenden oder zu wenig agilen Portfoliomanagement geschuldet sind. Für die Verantwortlichen in einem Unternehmen ist es nun aber ein wesentlicher Unterschied, ob ich mich auf Team Ebene anders organisiere oder auf strategischer Ebene. Die Folge, man agierte zurückhaltender Änderungen an Prozessen auf Stufe Unternehmensstrategie anzugehen.

SAFe implementation roadmap [Quelle: https://www.scaledagileframework.com/implementation-roadmap/]

Aus meiner Erfahrung gibt es drei Gründe weshalb man dieses zurückhaltende Verhalten rasch möglichst beiseite legen sollte. Bezogen auf die Implementation Roadmap, würde ich gleich bei der Aktivität, bei welcher man die Value Streams und ARTs identifiziert mit dem schrittweisen Aufbau oder der Anpassung des agilen Portfoliomanagements beginnen. Schauen wir uns nachfolgend diese drei Gründe etwas genauer an.

Grund 1: Projekt Management

Beim ersten Grund handelt es sich um wohl einer der prominentesten Konflikte bei der Einführung einer agilen Vorgehensweise, dem Projekt Management. An der Stelle möchte ich aber weniger darauf eingehen, wie mit diesem Konflikt generell umgegangen werden soll, sondern lediglich, wie ein agiles Portfoliomanagement hier etwas hilft zumindest einige der Konflikte zu lösen oder abzuschwächen. Der generelle Auslöser des Konflikt ist, dass in einer idealen agilen Welt in der Theorie Projekte überflüssig. Hier und heute sind wir aber in den meisten Unternehmen damit konfrontiert, klassisches Projektmanagement und agiles Vorgehen in Einklang zu bringen, und genau dabei kann uns ein agiles Portfoliomanagement behilflich sein. In der Praxis sehen wir typischerweise zwei Ausprägungen, wie zumindest zu beginn Projektmanagement und agiles Vorgehen verbunden oder kombiniert werden:

  • Hybrid: Ein mehr oder weniger klassisches Projektmanagement umschliesst ein agiles Vorgehen wie eine Hülle. Dieser Ansatz lässt sich z.B. bei HERMES beobachten.

  • Variantenwahl: Zu beginn eines Vorhabens wird entschieden, welches methodische Vorgehen angewendet werden soll. Also klassisches Projektmanagement oder agiles Vorgehen.

In der Praxis kann es auch zu Mischformen dieser beiden Ausprägungen kommen. Ein Unternehmen benötigt unabhängig vom gewählten Vorgehen oder irgendwelchen Mischformen eine Gesamtübersicht ihrer laufenden und geplanten Vorhaben. Da sich die Vorgehensweisen teilweise aber stark unterscheiden (z.B. bei Planung, Budgetierung oder Team-Setup), sind wir gezwungen einen gemeinsamen Nenner zu finden. Die Frage ist also, auf welcher Ebene wir diesen gemeinsamen Nenner implementieren. Ohne ein agiles Portfoliomanagement besteht die Gefahr, dass jedes Team (unabhängig ob Projektteam oder agiles Team) Energie in diese Harmonisierung investieren muss. “Energie” könnte z.B. bedeuten, dass Reports sowohl zu Gunsten des klassischen Projektmanagement, als auch des agilen Vorgehens, erstellt werden müssen. Mit der Einführung oder der Anpassung eines agilen Portfoliomanagements, können wir den Umgang mit der Komplexität unterschiedlicher Vorgehen auf eine höhere Ebene bringen. Die Komplexität bleibt dabei immer noch bestehen. Aber was wir erreichen ist, dass wir weniger “Energie” im Unternehmen dafür aufbringen müssen.

“Das agile Portfoliomanagement dient als gemeinsamer Nenner für eine Vorgehens-unabhängige Gesamtsicht der Vorhaben in einem Unternehmen.”

Grund 2: Feedback-Loops

Das agile Vorgehen lebt davon, dass wir möglichst rasch lernen und daraus Anpassungen vornehmen können (Feedback-Loop). Dies bezieht sich nicht nur auf das Produkt, welches agil entwickelt werden soll, sondern auch auf unsere internen Prozesse (Ablauforganisation). Schauen wir uns zwei typische Feedback-Loops einer agilen Vorgehensweise an:

  • Scrum: Mit dem Sprint Review (Produkt) und der Sprint Retrospective (Prozess) nimmt sich ein Scrum Team am Ende eines jeden Sprints bewusst Zeit für Feedback. Die Sprintlänge und somit der Feedback-Loop beträgt typischerweise 2 Wochen.

  • ART: Ein Agile Release Train (ART) nimmt sich analog dazu am Ende eines jeden PIs mit dem Inspect & Adapt Event ebenfalls bewusst Zeit für Feedback. Hier haben wir es mit einem Feedback-Loop von 10 Wochen zu tun.

Nun der Vergleich zum agilen Portfoliomanagement. Wie oft bietet sich uns die Chance auf der Portfolio Ebene Feedback zu unserem Prozess einzuholen? Hier dürfte je nach Unternehmen einem Feedback-Loop von 1x pro Quartal oder vielleicht sogar nur 1x pro Halbjahr vorzufinden sein. Der Veränderungsprozess dauert also kontextbedingt länger, als dies auf Team Ebene der Fall ist. Die Idee ist jetzt nicht, sich regelmässiger um den (Portfolio-) Prozess zu kümmern. Wir müssen uns aber im klaren sein, dass hier Veränderungen und somit auch Verbesserungen länger dauern. Dabei wird uns der Entscheid ein agiles Vorgehen im Unternehmen zu etablieren früher oder später dazu führen Veränderungen im bestehenden Portfoliomanagement vorzunehmen.

“Feedback-Loops auf Portfolio Ebene sind länger und sollten daher so früh wie möglich angegangen werden, um diesem Umstand (gerade zum Start) etwas entgegen wirken zu können.”

Grund 3: Business Agilität

Nur mit der Einführung von agilen Teams (z.B. mit Scrum oder SAFe) haben wir noch keine Business Agilität erreicht. Somit sind auch viele der angepriesenen Vorteile der Agilität als Unternehmen nicht oder nur schwach zu spüren. Typische Benefits, welche man sich durch Agilität erhofft:

  • Schnellere Time-to-Market

  • Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen

  • Selbstorganisierte Teams

  • Innovativere Produkte/Dienstleistungen

  • usw.

Mit der Einführung eines agilen Portfoliomanagement, können wir positiv auf diese Benefits einwirken. Wenn wir beispielsweise jede Ebene nach agilen Prinzipien ausrichten, können wir auch auf jeder Ebene Benefits durch die Agilität erzielen. Dabei unterstützt uns das Hebelgesetz. Je höher wir in der Ebene sind, desto grösser wird auch der “agile” Hebel sein, mit dem wir etwas bewirken können. Beispiele, wie sich der Beitrag durch ein agiles Portfoliomanagement auszeichnen könnten:

  • Wir starten nicht Vorhaben nur weil Budget und vermeintliche Ressourcen vorhanden sind, sondern wir beenden zuerst laufende Vorhaben (“Stop starting, start finishing.”).

  • Wir legen bei den Vorhaben auf der Portfolio Ebene den Fokus primär auf die Wirkung die ein Vorhaben erzielen soll und verzetteln uns nicht in (einengende) Ziele/Lösungen, die wir vorgeben.

  • Wie schaffen Klarheit über Ziele und Prioritäten und ermöglichen es jedem, so im Sinne des gesamten Unternehmens zu entscheiden.

  • usw.

→ Agiles Portfoliomanagement alleine ist aber noch nicht Business Agilität!

“Mit einem agilen Portfoliomanagement können wir einen wichtigen Beitrag zu mehr Business Agilität liefern und so auch wirklich von den erhofften Vorteilen der Agilität profitieren.”

Fazit

Du steckst mitten in der Einführung von Agilität in deinem Unternehmen. Deine Teams arbeiten agile, aber der grosse Effekt lässt auf sich warten? Und die genannten Gründe scheinen dir nachvollziehbar. Oder du weisst um die Notwendigkeit eines agilen Portfoliomanagements, aber nicht wie du es angehen möchtest?

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